Vor 52 Jahren
Folgende Veränderung wurde am Trabant vorgenommen:
15.11.1972:- Entfall einer Zwischenlage an der hinteren Blattfeder
WOHNANHÄNGER AUS WEFERLINGEN
Viele Motorisierte zählen zu den Freunden des Campings. Tausende von Fahrzeugen sind gerade in diesen Wochen wieder unterwegs. Ihr Ziel: ein Urlaubscampingplatz an der Ostsee, in den Thüringer Bergen, am sonnigen Balaton, am Schwarzen Meer... Wer die Annehmlichkeiten eines Pkw für sich und seine Familie in Anspruch nehmen kann, dem will die Leinwandvilla auf die Dauer nicht mehr so recht gefallen, und der jahrelange Zeltler liebäugelt eines Tages ernsthaft mit einem rollenden Urlaubsdomizil, einem Wohnanhänger. Dieser Trend ist international, und die Wohnanhänger-Hersteller in der Welt locken immer neue Interessenten mit immer geräumigeren, attraktiveren und komfortableren Anhängern an. Der Vorteil des Anhängers überzeugt nicht selten sogar solche Autobesitzer, denen das Campingleben mit seiner naturverbundenen Primitivität bislang alles andere als sympathisch war. Auch bei uns in der DDR nimmt die Zahl der Wohnanhänger von Jahr zu Jahr zu. Bedauerlicherweise ist die Nachfrage größer als das Angebot, so dass Lieferzeiten von vornherein in derartige Anhänger-Pläne mit einbezogen werden müssen. Dem größten Betrieb mit dem umfangreichsten Bauprogramm, der PGH Heimstolz in Weferlingen, Kr. Haldensleben, statteten wir einen Besuch ab, und im Anschluss daran war es uns sogar möglich, einige Wochen lang einen Anhänger der Weferlinger Fertigung selbst zu erproben. über das Fahren mit einem solchen Anhänger berichten wir in einem besonderen Beitrag. Zunächst interessierten uns die Qualitäten des kleinen, für den Trabant entwickelten Typs "LC - 9/200" und die Probleme des Vertriebs von Wohnanhängern.
Man sieht es den einzelnen Modellen sofort an, dass sie aus einem Hause kommen. Konstrukteur aller im Foto oben gezeigten fünf Modelle ist Dipl.-Ing. Wilhelm Luther aus Birkenwerder (bei Berlin), der jahrzehntelange Erfahrungen im Wohnanhängerbau besitzt.
Gebaut werden z. Zt. nur die Typen LC 9-200 und LC 9-285.
Typ | Eigenmasse | Zuladung | Aufbaulänge | Breite | Höhe v. Erdboden | Stehhöhe |
LC3 (Klappanhänger) | 220 kg | 60 kg | 2,00 m | 1,50/ 2,22 m | 1,05/ 2,25 m | |
LC 9-200 | 200 kg | 80 kg | 2,00 m | 1,63 m | 2,03 m | 1,80 m |
LC 9-250 | 255 kg | 25 kg | 2,50 m | 1,63 m | 2,03 m | 1,80 m |
LC285 | 350 kg | 100 kg | 2,85 m | 1,84 m | 2,10 m | 1,87 m |
LC 350-D | 445 kg | 55 kg | 3,50 m | 1,84 m | 2,18 m | 1,89 m |
Der Kleinste
Im Mittelpunkt des Interesses vieler Wagenbesitzer stehen zweifellos die kleinen Weferlinger Typen LC 9-200 und LC 9-250 (LC s=s Luther-Camping). Es sind Wohnanhänger von 2 bzw. 2,50 m Aufbaulänge und einer Gesamtmasse von 220 bzw. 255 kg. Diese Anhänger können also selbst vom Trabant gezogen werden. Es ist erstaunlich, welchen Komfort diese vergleichsweise winzigen Anhänger bieten. Mit konstruktivem Geschick wurden Lösungen für die Innenausstattung gefunden, die den Wagen innen fast größer erscheinen lassen als außen. Im LC 9-200 haben zwei Erwachsene sehr bequem Platz zum Schlafen, und wenn es darauf ankäme, fänden sogar sechs Erwachsene (!) Platz zum Sitzen. Ein Problem dürfte es also selbst für Familien mit zwei Kindern nicht sein, den LC 9-200 als
Urlaubsvilla zu benutzen, sofern die Kinder im Auto oder Zelt schlafen. Der Mittagstisch kann durchaus für vier Personen im Anhänger gedeckt werden. Dafür reicht der Platz aus. Das auf Wunsch mitgelieferte Vorzelt für den Anhänger (2 X 2 m) mit großem Fenster und Reißverschlusstür erlaubt sogar, dass kleinere Kinder in unmittelbarer Nähe der Eltern schlafen können. Die Verbindung zwischen Anhänger und Vorzelt stellt eine praktische Einzugsschiene aus Aluminium her. So wird der Zeltbau unproblematisch; Zelt und Wagen bilden eine Einheit. Das Ganze sieht recht ansprechend aus.
Weißer Kunstharzlack schützt die kochfest verleimten Furnierplatten von außen. Die Seitenteile sind selbstverständlich doppelwandig. Wir haben in Weferlingen einen Anhänger gesehen, der in einen Auffahrunfall verwickelt wurde. Seither sind wir von der Stabilität des gesamten Anhängeraufbaus, der im Prinzip nur verleimt ist, absolut überzeugt. Das finnische Spezialholz hält offensichtlich mehr aus als das Karosserieblech mancher Autos.
Gleich neben, der Tür ist der Küchenschrank mit Sprelacart-Deckelklappe für den Propangaskocher (links neben dem Schubkasten) untergebracht. In dem Raum zwischen Küchenschrank und Sitzbank steht die Gasflasche. Im breiten Hängeschrank (mit vier Schiebetüren) ist Platz für Geschirr (zweckmäßigerweise Plaste).
Der LC 9-200 hat auf jeder Seite ein Fenster. Das in Fahrtrichtung vorn liegende Fenster lässt sich nach oben ausstellen. Die Einstiegstür wurde in der Mitte geteilt, so dass es möglich ist, nur das Oberteil mit dem Fenster zu öffnen - beispielsweise beim Kochen. (Der Propangasherd steht in unmittelbarer Nähe des Türfensters). Eine ausgezeichnete Luftzirkulation selbst an schwül-warmen Tagen garantiert das ausstellbare Dachmittelstück. Das bei voll geöffnetem Dach (etwa eine Hand breit) einsetzbare Fliegenfenster komplettiert dieses sehr vorteilhafte konstruktive Detail, übrigens muss die "Luke" selbst bei Regen nicht unbedingt dicht verschlossen werden. Bei eingesetztem Fliegenschutz überstand unser Anhänger selbst einen Gewitterguss mit völlig trockenem Innenraum. An der mit einem soliden Sicherheitsschloss versehenen Tür (das Oberteil wird mit dem Unterteil von innen verriegelt) wünschten wir uns noch einen Feststeller, damit die geöffnete Tür bei Wind nicht ständig auf- und zuklappt. Auf den zwei Rädern (Bereifung und Felgen vom Motorroller "Troll", 3,50-12" - 1,5 at) steht der Anhänger, abgestützt durch zwei vordere und zwei hintere Aufsteller mit Trapezgewindespindeln, selbst auf weniger ebenen Standplätzen sicher und stabil. Voraussetzung dafür sind allerdings mit Keilen arretierte Räder. Unter die vier Aufsteller müssen bei weichem Untergrund aber auf jeden Fall Platten untergelegt werden. Die Räder hängen übrigens an Halbachsen. Einfache Gummiblöcke übernehmen die Federung. Das Fahrgestell verlangt keinerlei Wartung. Schmiernippel gibt es nicht. Diese einfache, bei allen LC-Wohnanhängern seit Jahren bewährte Fahrgestellkonstruktion wird in unserem speziellen Fahrbericht noch zur Debatte stehen. (Der Beitrag erscheint in einem der nächsten Hefte.)
Bettenbau in Sekunden
Wer sich die Fotos von der Inneneinrichtung des LC 9-200 genauer ansieht, wird die außerordentlich sinnvolle Raumaufteilung erkennen. In den Bildunterschriften geben wir entsprechende Erläuterungen. Was wir im Bild nicht zeigen können, das ist das verblüffende Tempo, mit dem sich der Wohnanhänger in eine bequeme Schlafkabine verwandeln lässt. In weniger als einer Minute ist aus der Sitzbank in Verbindung mit der abgeklappten Tischplatte und einer Stützleiste eine Liegefläche von 1,95X 1'12m geworden. Unter der Sitzbank gibt es ausreichend viel Stauraum für Decken, Kissen und Bettzeug. Im Nu ist alles zur Hand.
Die Stehhöhe (bei geschlossener Luke) dürfte mit 1,80 m im allgemeinen auch für große Personen bequem genug sein. Da das Dach ohnehin meistens ausgestellt wird, stehen sogar einige "Höhenreserven" zur Verfügung (8 cm).
So lassen sich Vorderfenster und Dach ausstellen. An der Seitenkontur des LC 9-200 ist die Profilschiene aus Aluminium zu sehen, an der das Vorzelt befestigt wird.
Blick durch das Frontfenster in den Innenraum. Rechts hinten in der Ecke ist die Lampe für den Autoanschluss (6 V, 2 X 5 W) zu sehen, links am Kleiderschrank die Wandleuchte für 220 V. Der Tisch ist bei weg geklapptem Fuß gleichzeitig Unterlage für die zweite Liegefläche.
Das Foto veranschaulicht die Breite der Liegefläche. Die dicke Schaumgummiauflage ist vierteilig ausgeführt und dient am Tage als Sitzunterlage und Rückenlehnenpolster. Der farbenfrohe Stoffbezug hat Reißverschluß.
Im Wandschrank hat viel Oberbekleidung Platz. Seine Tür ziert' innen ein großer Spiegel. Unterhalb des Türausschnitts ist die Schuko-Steckdose zu sehen, daneben die Frisiertoilette, unter der sich der Radkasten verbirgt. Der Platz kann auch als Notsitz dienen.
Binnen 5 bis 7 Minuten soll das Vorzelt aufgestellt werden können, gibt der Hersteller an. Uns stand kein Zelt zur Verfügung, aber wir glauben, dass diese Zeitvorgabe real ist, denn das Einfädeln des Zeltrandes in die Alu-Schiene des Anhängers mit Hilfe einer Einziehschnur dürfte wirklich kein Problem sein. Anschließend muss nur noch das Gestänge zusammengesetzt und unter das Zelt gebracht werden. Die Zehgiebelseite - die Eingangstür - lässt sich auch als Sonnendach ausstellen.
Mit vier Aufstellern - durch Flachgewindespindeln in der Höhe verstellbar - wird der Anhänger im Stand gestützt.
Die Beleuchtung des Innenraumes ist durch zwei 5-W-Sofitten, die von der Autobatterie gespeist werden, an jedem Ort gesichert. Auf vielen Campingplätzen stehen Stromanschlüsse (220 V) speziell für Wohnanhänger zur Verfügung. Deshalb ist auch der LC 9-200 (wie jedes andere LC-Modell) zusätzlich mit einer dekorativen Wandleuchte (25 W, Kerzenlampe mit 14er Sockel) und mit einer Schuko-Steckdose (für das Bügeleisen usw.) ausgestattet. Eine Hausanschlusssicherung (6 A) ist zwischengeschaltet. Das Stromkabel wird von unten durch den Wagenboden geführt.
Als Kochgelegenheit dient ein zweiflammiger Propangaskocher, der verdeckt werden kann, wenn er nicht gebraucht wird. Die 2-kg-Propangasflasche findet ihren Platz in einem besonders abgeschlossenen Raum, in dem eine Bodenöffnung für die notwendige Lüftung sorgt
In Plastekanistern lässt sich ein ausreichender Vorrat an Trinkwasser halten. Die Behälter sind in den zahlreichen Stauräumen leicht unterzubringen. Alles in allem dürfte selbst der kleine LC 9-200 kaum Wünsche offen lassen. Es ist ein Wohnanhänger, der in vieler Hinsicht mehr bietet, als man angesichts seiner äußeren Konturen, seiner relativ bescheidenen Abmessungen, allgemein vermutet. (Preis: 4800 M, mit allem Zubehör 5400 M.)
Warum Anhänger fehlen
Kein Wunder folglich, dass die Nachfrage nach Weferlinger Wohnanhängern außerordentlich groß ist - sehr viel größer jedenfalls als die derzeitigen Liefermöglichkeiten der PGH "Heimstolz". Vielleicht gelingt es der Genossenschaft in naher Zukunft, die für eine Produktionserweiterung erforderliche Halle aufzubauen, denn es fehlt bei der PGH weniger an Arbeitskräften, sondern in erster Linie an einer größeren Fertigungshalle.
Glücklich werden können viele Wohnanhänger-Interessenten aber gegenwärtig auch deshalb nicht, weil der IFA-Vertrieb den Anhänger-Handel keineswegs im Griff hat. Bisher gab die PGH in Weferlingen die Anhänger direkt an den Kunden ab. Inzwischen hat der IFA-Vertrieb als zuständiges Handelsorgan den Verkauf, die Kundenberatung usw. übernommen. Fragt man aber in Filialen des IFA-Vertriebs nach solchen Anhängern, gibt's sehr oft nur ein Achselzucken. Sicher, das ohnehin schmale Anhängerangebot sollte auf wenige Filialen konzentriert bleiben, aber Informationen über Bezugsmöglichkeiten müsste man in jeder Filiale des IFA-Vertriebs einholen können! Als wir uns im April bei der PGH Heimstolz über die derzeitige Vertriebspraxis informierten, mussten wir erstaunt zur Kenntnis nehmen, dass der IFA-Vertrieb einiger Bezirke bis zu diesem Zeitpunkt allein deshalb nicht einen einzigen Wohnanhänger aus Weferlingen bekommen hatte, weil die vertraglichen Vereinbarungen fehlten! Das dokumentiert, so meinen wir, nicht gerade Interesse am Wohnanhänger-Vertrieb. Bis zur nächsten Saison sollte die Vertriebsorganisation für Wohnanhänger in Ordnung kommen.
Aus DDS 7/71